Altes Kaminstück

von Heinrich Heine

Draussen ziehen weisse Flocken
Durch die Nacht, der Sturm ist laut;
Hier im Stübchen ist es trocken
warm und einsam, stillvertraut.

Sinnend sitz ich auf dem Sessel,
an dem knisternden Kamin,
Kochend summt der Wasserkessel
Längst verklungne Melodien.

Und ein Kätzchen sitzt daneben,
Wärmt die Pfötchen an der Glut
Und die Flammen schweben, weben,
Wundersam wird mir zu Mut

Dämmernd kommt heraufgestiegen
Manche längst vergessne Zeit,
Wie mit bunten Maskenzügen
Und verblichner Herrlichkeit

Schöne Fraun, mit kluger Miene,
Winken süssgeheimnisvoll,
Und dazwischen Harlekine
Springen, lachen, lustigtoll.

Ferne grüssen Marmorgötter,
Traumhaft neben ihnen stehn
Märchenblumen, deren Blätter
In dem Mondenlichte wehn.

Wackelnd kommt herbeigeschwomme
Manches alte Zauberschloss;
Hintendrein geritten kommen
Blanke Ritter, Knappentross.

Und das alles zieht vorüber,
Schattenhastig übereilt -
Ach! da kocht der Kessel über
und das nasse Kätzchen heult.

zu den Gedichten

zurück zur Weihnachtsseite oder zurück zur Gartenseite